Stolpersteine in Chemnitz
Norbert und Elfriede Stadthagen

Foto: Stadt Chemnitz, Pressestelle
Norbert Stadthagen
Geboren: 28.11.1891
Gestorben: 15.06.1945
Elfriede Stadthagen, geb. Leiner
Geboren: 03.07.1897
Gestorben: 23.06.1958
Verlegeort:
Gustav-Freytag-Straße 23, heute in der Nähe Gustav-Freytag-Straße 17
Stolperstein-Verlegung am:
17. Mai 2022
Lebensweg

Foto: Privatarchiv Dr. J. Nitsche
Der Händler Norbert Stadthagen gehörte zu den mehr als 1.500 Opfern der Typhusepidemie im Ghetto Theresienstadt, die auch nach dessen Befreiung am 8. Mai 1945 dort wütete.
Er wurde als Sohn eines Kürschners in Berlin geboren. Am 20. Dezember 1919 hatte er sich mit der Kontoristin Lucie Spandau vermählt. Zwölf Monate später wurde ihr Sohn Heinz geboren. Die Ehe wurde jedoch im Frühjahr 1925 vom Landgericht Dresden geschieden. In der Folgezeit siedelte er nach Chemnitz über, wo er als Marktverkäufer tätig war. Am 26. März 1928 ging er mit der aus Potsdam stammenden Stenotypistin Elfriede Leiner eine weitere Ehe ein. Die Eheleute wohnten fortan in der Gustav-Freytag-Straße 23.
Gemäß der Nürnberger Rassengesetze der Nationalsozialisten wurde ihre Ehe später als »Mischehe« eingestuft. Im Jahr 1936 verlor Stadthagen seinen Gewerbeschein. Das Israelitische Gemeindeamt half dem Ehepaar daraufhin mit monatlichen Mietzuschüssen. Es folgte jahrelange Zwangsarbeit. Zuletzt wurde er in der Wehrabteilung der Beleuchtungskörperfabrik E. F. Barthel (Uhlestraße 34) eingesetzt. Hausdurchsuchungen durch die Gestapo waren an der Tagesordnung. Johannes Ahner, der verhasste »Judenreferent«, hatte immer wieder Druck auf Elfriede Stadthagen ausgeübt, um eine Scheidung zu erzwingen. Eine Trennung lehnte sie jedoch ab. »Am 14. Februar 1945, abends 18 Uhr, wurde mein Ehemann von zwei SS-Männern und einem Gestapomann aus der Wohnung abgeholt«, erinnerte sie sich später, »Er ist dann nach der Akademie in Chemnitz abgeführt worden. Am nächsten Tag ist er nach Theresienstadt gekommen«.
Am 18. Mai 1945 erkrankte Stadthagen dort an Unterleibstyphus. Laut Aussage von Ernst Sander, eines Schicksalsgefährten, war dieser »sehr schwach und die letzten Tage besinnungslos«. Er erzählte später: »Ich schaffte ihn mit anderen Personen in die Typhusbaracke, wo er von einem russischen Arzt abgenommen wurde.« Die Papiere wurden später auf einer Straße gefunden. Die ehemaligen Mitgefangenen übergaben diese einem russischen Offizier. Bruno Sternheim, ein weiterer Schicksalsgefährte, erinnerte sich, dass der Kranke zuletzt »hohes Fieber« hatte.
Norbert Stadthagen starb am 15. Juni 1945 im Typhusspital und wurde – wohl als »Unbekannt« – verbrannt. Die Urne wurde auf dem Nationalfriedhof in Theresienstadt beigesetzt. Elfriede Stadthagen, die nach dem 5. März 1945 vor weiteren Angriffen der westalliierten Luftstreitkräfte nach Lugau geflüchtet war, hatte anfangs noch die Hoffnung, dass ihr Ehemann zurückkehren wird. Eine Karte, die er ihr am 15. Februar 1945 aus dem Ghetto gesandt hatte, war das letzte Lebenszeichen. Die Urne mit der Asche von Elfriede Stadthagen wurde am 10. Juli 1958 auf dem Städtischen Friedhof an der Reichenhainer Straße beigesetzt.
Hier liegen die Stolpersteine für Norbert und Elfriede Stadthagen:
Stolpersteine in Chemnitz
Es ist ein Projekt gegen das Vergessen: in Chemnitz werden seit 2007 jährlich Stolpersteine verlegt.
Eingelassen in den Bürgersteig, erinnern die Gedenksteine an tragische Schicksale von Mitbürgern, die während des nationalsozialistischen Regimes verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
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